16.02.2014

Glücksgefühle des Mathematikers

- Vortrag von Prof. Dr. Dr. h.c. Albrecht Beutelspacher bildet Höhepunkt des Mathematikums -

„Kein Fußballclub kann solche Leidenschaft erzeugen, wie die Mathematik.“ Diese These, die Schulleiter Ulrich Vielhauer am Mittwochabend in der kleinen Aula des Woeste-Gymnasiums formulierte, dürfte vielen Zeitgenossen ziemlich gewagt erscheinen. Wer allerdings anschließend den Vortrag von Professor Dr. Albrecht Beutelsbacher verfolgte, dessen Skepsis hinsichtlich der Faszination der Mathematik könnte erste Risse bekommen haben.

Nur eine Stunde lang gewährte der Hochschullehrer aus Gießen und Initiator des Mathematikums, dessen Wanderausstellung noch bis zum kommenden Freitag im Gymnasium zu sehen ist, anhand ebenso einfacher wie verblüffender Experimente und Demonstrationen Einblicke in jene Zusammenhänge des Seins, die sich der Menschheit erst über Jahrtausende erschlossen haben und noch längst nicht bis ins letzte geklärt sind.

Die Einfachheit des Denkens ist für Beutelsbacher dabei Mittel zum Zweck, sich auf das Herz eines Problems zu konzentrieren. Für ihn beginnen die Geheimnisse der Zahlenwelt und Geometrie nicht erst an der x-ten Stelle hinter dem Komma.

„Es macht Klick im Kopf, wenn man plötzlich erkennt, wie alles zusammenpasst“, beschreibt Professor Beutelsbacher das Glücksgefühl dessen, der sich mit der Mathematik befasst. Mit einem Gummiband und zwei fünfeckigen Pappsternen demonstriert er dann, wie quasi ganz von selbst der geometrische Körper Dodekaeder entsteht. Das Klicken in den Köpfen der Zuhörer, zumeist Schülerinnen und Schüler sowie Mitglieder des Kollegiums, ist fast schon zu hören.

Und dann ist Beutelsbacher auch schon beim Fußball angekommen. Bei jenem Ball, der aus (oft schwarzen) Fünfecken und weißen Sechsecken zusammengenäht ist. Für den Professor ist die Lederkugel eine „Konfiguration“ von Sechs- und Fünfecken, die sich ganz automatisch und passgenau zum kugelähnlichen Körper zusammenschließt. Und er erklärt anschaulich warum das so ist. Überall macht es Klick.

Aber Albrecht Beutelsbacher lässt sich nicht nur über Geometrie aus, sondern demonstriert auch auf den ersten Blick unglaubliche Methoden des Kopfrechnens zum Beispiel aus Indien, mit deren Hilfe sich komplizierte Multiplikationen großer Zahlen erledigen lassen. Und selbstverständlich erläutert er auch die zunächst nicht nachvollziehbare Systematik, die dahinter steckt. Klick, Klick.

Und ganz am Ende präsentiert der Professor dann noch Mathematik von der romantischen Seite. Er nimmt zwei Papierstreifen, klebt beide Enden zusammen nachdem er eines um 180 Grad gedreht hat und erhält zwei sogenannte Möbius-Bänder. Die wiederum werden rechtwinklig zueinander zusammengeklebt und mit einer Schere in der Mitte längs auseinandergeschnitten. Und was entsteht? Zwei ineinander verschlungene Papierherzen. Jetzt aber geht das allgemeine Geklicke in lautem Beifall unter.

Reinhard Köster / IKZ vom 15.02.2014

Bilder einer Ausstellung:

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 Letzte Änderung: 16.02.2014