24.04.2017

Auf den Spuren des Buddhismus in Hemer

- Wat Buddharam Sauerland: Eintritt in eine andere Welt -

Regale im Eingangsbereich, in denen wir als Zeichen des Respekts unsere Schuhe abstellen müssen, bevor der Tempel betreten werden kann. Laufen auf einem dicken, roten Teppich, vorbei an einer kleinen Küche, bis sich eine ungeheure Pracht in Rot-Gold getüncht entfaltet: Bildnisse,  goldene Statuen, Figuren Buddhas unterschiedlichster Art und Bedeutung, bunter Blumenschmuck, Wandornamente mit dem Lebensweg des Siddhartha Gautama, Räucherstäbchen, Kerzen, Wasserspiel, ein persönlicher Gebets- und Andachtsraum für Verstorbene, ein großer Gong, ein Aufenthaltsraum mit Sitzgelegenheit für Gäste, ausgerichtet auf ein Bild des höchsten thailändischen Mönchs.
 
Andachtsraum für Verstorbene
Aufenthaltsraum
Persönliche Gebetsnische
mit Tierkreiszeichen und Spendendosen
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Unser erster Blick jedoch ist zentral auf den Obermönch gerichtet, niedriger sitzend als die große vergoldete Buddha-Statue neben ihm, die sich erhaben von ihm absetzt. Über ihm das Rad des Lebens mit eingearbeiteten Tierkreiszeichen (Schwein, Schlange, Tiger, Hase, Affe etc.) Darunter in Blau „Wat Buddharam Sauerland Germany“. Die einer Sitzbank ähnelnden elfenbeinfarbenen Stuhlreihen mit goldenen Verzierungen für Mönche bestimmt, heute aber nur noch von einem weiteren Mönch besetzt. „Sato“ – Willkommen!

Evangelische Religionsgruppe der Jahrgangsstufe 9 mit Obermönch und Frau Kretschmer
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Die SchülerInnen der evangelischen Religionsgruppe 9a/b staunten nicht schlecht, als sie am 6. April mit ihrer Religionslehrerin den buddhistischen Tempel des Vereins „Wat Buddharam Sauerland“ in der Urbeckerstr. 10 besuchten. Viel von den früheren Räumen des Restaurants „Zum Bären“ hat sich verändert – auch äußerlich sichtbar.

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Von außen eher unscheinbar verbirgt sich innen ein prunkvoller nach thailändischer Bauart mit Spendenmitteln eingerichteter Tempel mit vergoldeten Buddha-Statuen. Darin erwarteten uns nicht nur für die externe Kommunikation zuständige Frau Kretschmer, sondern auch drei in dem Gebäude wohnende Mönche, die im Wechsel von deren Haupttempel entsandt werden. Sie erkannten wir sofort an den orangefarbenen Roben und kahl rasierten Köpfen. Von ihnen erfuhren wir, dass „Wat“ das thailändische Wort für avasatha aus dem Sanskrit ist, welches „Wohnstatt für Schüler und Asketen“ bedeutet, also nichts anderes als ein Kloster für Mönche. Dieses Wat ist jedoch eine Kombination aus religiösem und Gemeinschaftszentrum. Hier wird gebetet, gespendet, Ruhe und neue Kraft gesucht. Buddha wird nicht nur als Vorbild betrachtet, sondern auch als eine geistig wirkende Kraft aus dem Jenseits. Doch nicht nur Buddha, sondern auch die Seelen von verstorbenen Geistlichen oder früheren Königen werden im Gebet angerufen.

König Bhumibol
(verstorben am 13.10.2016)
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Der Verein vertritt den Theravada-Buddhismus, der sich stark an den ursprünglichen Schriften Siddhartha Gautamas orientiert. Nach dem traditionellen Theravada entspricht das Weibliche der Welt des Leidens und der Begierde, die es zu überwinden gilt. Hier strebt der Einzelne nach dem sogenannten Erwachen und dem Ende des Leidens. Für die Anhänger des Theravada-Buddhismus ist ein angenehmes, gutes und ein ausgeglichenes Leben von Bedeutung. So ergänzen sich Glaube und Mentalität, da Buddhas Lehren nicht im Gegensatz zu Körper und Geist des Menschen stehen. Buddha selbst sah sich weder als Gott noch als Überbringer der Lehre eines Gottes. Seine Lehre entspringt der Erkenntnis zum Verständnis der Natur aller Dinge und des eigenen Geistes.

Die Mönche hier im Tempel haben sich dazu entschlossen, ihr Leben ohne materielle Gegenstände zu leben. Durch Meditation versuchen sie den Weg zu ihren Herzen zu finden. Sie dürfen nur einmal am Tag essen und sind dabei ebenfalls auf Spenden angewiesen, sei es in Naturalien oder auf Geld, das sie jedoch nicht anfassen dürfen.

Wir erfuhren, dass es für Frauen tabu ist, einem Mönch etwas unmittelbar zu übergeben. Der Gegenstand sollte durch einen Mann übermittelt oder auf den Boden gestellt werden, sodass der Mönch ihn aufheben kann. Auch darf eine Frau bzw. ein Mädchen einen Mönch oder seine Robe nicht berühren. Komme es einmal vor, müsse sich der Mönch einer Reinigungszeremonie unterziehen. Das ist z. B. nur eine von zusätzlich 220 zu befolgenden Regeln, die größtenteils Verbote und Anweisungen zum Verhalten in verschiedenen Situationen betreffen. Einige davon sind auch im Christentum bekannt, z. B.  nicht töten, nicht stehlen, nicht lügen und der Zölibat.
Die Meditation ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Religion – und das sollten wir nun auch erfahren, eigentlich nur für 5, schließlich jedoch für 20 Minuten. Mit gekreuzten Beinen auf dem Boden, aufrecht sitzend, die Hände ineinandergelegt, wobei der Zeigefinger der linken Hand den Daumen der rechten berührt, ruhte unser Bewusstsein auf dem Atem. Man verweilt auf diese Weise absichtslos im „Hier und Jetzt“ der Gegenwart. Gedanken können entstehen, aber man folgt ihnen nicht. Wenn dies dennoch geschieht und man in Vergangenheit und Zukunft abgleitet, kehrt man entspannt wieder zur Atmung zurück. Durch diese Achtsamkeits-Übung kommt der Geist zur Ruhe, gelangt in einen Bewusstseinszustand, in dem Gedanken, Empfindungen und Gefühlen keine Bedeutung zugemessen werden. Der Herzschlag wird verlangsamt, die Atmung vertieft und die Muskelspannungen reduziert. Auch eine Möglichkeit sich z. B. vor Klassenarbeiten oder Prüfungen zu entspannen und mit sich und allem eins zu sein.

Angeregt wurden danach viele Fragen dank der Übersetzung von Frau Kretschmer geklärt. Dass der Buddhismus eine Religion ist, welche Respekt, Freundlichkeit, aber auch Toleranz betont, wurde uns an diesem Tag sehr deutlich. Der Mönch war von uns so begeistert, dass er uns freistellte, ein Geschenk anzunehmen. Jeder, der es mit seinem Glauben vereinbaren konnte, durfte sich eine Buddha-Abbildung im Taschenformat in die Hand legen lassen.

William nimmt den Buddha als Geschenk an
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Aber nicht nur das: Wir wurden zum Abschluss noch verköstigt mit Fleischspießchen, Nudeln mit Gemüse und Mineralwasser.
„Sato“ – Danke!
Text / Fotos: Gislinde Dahmen



Letzte Änderung: 24.04.2017