20.06.2022

Gastvortrag

Prof. Dr. Olaf-Axel Burow

"Positive Pädagogik"


Im Rahmen der Reihe "Wissenschaft am Woeste" war am 30. Mai 2022 Prof. Dr. Olaf-Axel Burow, emeritierter Inhaber des Lehrstuhles für Allgemeine Pädagogik an der Universität Kassel, zu Besuch im Woeste-Gymnasium, um im Rahmen einer Lehrerfortbildung über "Positive Pädagogik" zu sprechen. Eingeladen waren auch Kolleginnen und Kollegen anderer Schulen sowie interessierte Eltern und weitere Gäste.


In einem schwungvollen und inhaltlich groß angelegten Vortrag verdeutlichte der Referent die Bedeutung der positiven Unterstützung der Lernenden durch wertschätzende Lehrer und Erzieher, die einen Blick für die individuellen Begabungen und Talente von Schülerinnen und Schülern hätten. Eine einseitige, an vorgefertigten Standards ausgerichtete Defizitorientierung führe auf Dauer nicht zur optimalen Potenzialentwicklung.

Mehr Lernfreude und Schulglück

Leidenschaftlich vertrat Burow die These, dass Lernen auch Freude bereiten müsse. Positives Erleben im Lernprozess (Flow) müsse unterstützt werden, nicht nur "Lernen-Lernen" solle das Ziel sein, sondern ein verinnerlichtes "Lernen-Wollen-Lernen". Hierzu verwies der Referent auf zahlreiche Ergebnisse der Glückforschung (Ernst Fritz-Schubert) und der Salutogenese (Aaron Antonovsky). 

Lernfreude und Erfahrung von Glück seien nicht etwa Gegensätze zu Spitzenleistungen, sondern geradezu ihre Voraussetzung. Ein zu stark reguliertes System behindere jedoch die Entfaltung individueller Persönlichkeiten, die weniger von außen gesteuert, sondern vielmehr unterstützt werden sollten, ihre ureigene "innere Berufung" zu finden.

Mehr Lob statt Tadel

Eine große Rolle in der Pädagogik müsse die Motivation spielen: Auf einen "Tadel" sollten mindestens drei lobende Bemerkungen kommen. Äußere Belohnungen wie Noten müssten grundsätzlich hinterfragt werden, da sie die Inhaltsgleichgültigkeit förderten. Ein großes Problem sei, dass zu viel Wert auf Anpassungsleistungen, zu wenig jedoch auf die Befähigung zur Entwicklung von Werten und ethischen Haltungen gelegt werde.

Zu viele negative Rückmeldungen an den Schüler führten unweigerlich zu einer Abwärtsspirale. Stattdessen müsse das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten gefördert und von Anfang an systematisch aufgebaut werden. Dies gelinge nur durch einen individuellen Zugang, der die Gesamtpersönlichkeit des Schülers berücksichtige, sowie eine grundsätzlich wertschätzende Haltung.

Mehr selbstgesteuertes Lernen

Burow entwickelte auch für die äußeren Bedingungen von Unterricht Visionen, forderte die Abkehr von "Kasernenfluren" zugunsten eines Campus-ähnlichen Aufbaus einer Schule. Das traditionelle Klassenzimmer solle durch mobile und flexible Einheiten ersetzt werden. Der traditionelle Frontalunterricht müsse in seinem Anteil drastisch zugunsten eines mehr selbstgesteuerten Lernprozesses zurückgefahren werden.

Zum Schluss der Veranstaltung wurden die Teilnehmer aufgefordert, einen einzigen Gedanken aus dem Vortrag, der ihnen wichtig oder neu sei, aufzuschreiben und nach der Diskussion und dem Abgleich in der Kleingruppe den übrigen Gästen auf eine selbstgewählte Art und Weise zu präsentieren. Es entstanden zum Teil originelle, auch humorvolle Beiträge.



Letzte Änderung: 20.06.2022