20.06.2022


Mit Vollgas auf der Autobahn des Lebens

Bei der feierlichen Zeugnisübergabe des Friedrich-Leopold-Woeste-Gymnasiums im Grohe-Forum fließen auch Tränen

IKZ-Artikel
vom 20.06.2022

Von Miriam Mandt-Böckelmann

Hemer „Wo Deine Talente und die Bedürfnisse der Welt sich kreuzen, dort liegt Deine Berufung“: Diese aristotelische Weisheit fand sich auf dem Programm der Zeugnisübergabe der Abiturientia 2022 des Friedrich-Leopold-Woeste-Gymnasiums im Grohe-Forum – und tatsächlich kamen die Redner an diesem Abend immer wieder auf das Motto zurück, denn: Jeder Mensch hat eine Begabung, die ihn auszeichnet und unverwechselbar macht. Das große Ziel nach dem Abitur: Diese Fähigkeit erkennen und vervollständigen.



Super Mario als Abwechslung zum Abi-Stress


Hochtrabende Worte, zugegeben, aber wie passen die zum ABI-Motto „Mabio Kart Deluxe – nach 12 Jahren endlich im Ziel“? Denn Mario ist ein kleiner Typ mit großer Nase, blauer Latzhose und roter Kappe – eine animierte Figur, die es sich in besagtem Computer-Spiel zum Ziel gesetzt hat, zusammen mit anderen lustigen Gestalten in einem Kart möglichst schnell im Kreis zu rasen. Ob Aristoteles daran auch seinen Spaß gefunden hätte? Wer weiß das schon – vielleicht hätte er tatsächlich (heimlich) gespielt und sich damit, wie auch die jungen Menschen, einen inneren Fluchtort in schwierigen Zeiten geschaffen.

Pandemie, Ukraine-Krieg, Energie- und Klimakrise – und dazu dann noch Lernen für die Klausuren, hier kann eine Runde „zocken“ der perfekte Eskapismus sein. Die beiden Stufenleiter Britta Cronacher und Björn Böse wiesen in ihrer Rede auf die Parallelen zwischen dem Computerspiel und der „Autobahn des Lebens“ hin. „Manche von euch haben das Ziel schon vor Augen, für andere ist der Weg noch das Ziel“, sagte Britta Cronacher. Böses Rat: „Fahrt auf der Bildungsaustobahn des Lebens nicht nur strikt geradeaus, sondern biegt auch mal links ab, um die schönen Nebenstrecken zu sehen.“ Es sei nicht sinnvoll, anderen hinterherzufahren, jeder Mensch solle sein eigenes Ziel verfolgen. Schüler und Lehrer hätten sich „stets als einen Rennstall gesehen“ und viele schöne Erlebnisse miteinander geteilt. „Der Woeste-Bus setzt den Blinker, fährt rechts ran und entlässt euch auf die Straße des Lebens“, sagten die beiden Stufenleiter, die ihren Schülern „alles Gute und allzeit gute Fahrt“ wünschten und damit im Bild des Computerspiels blieben.

Für die musikalische Gestaltung des Abends sorgten das Orchester des Woeste-Gymnasiums unter der Leitung von Jörg Segtrop und die Schüler-Lehrer-Combo, Emiliia Kamertsel aus der 6 a begeisterte mit einer Tanzeinlage. Schulleiter Professor Jörg Trelenberg sagte: „Auf dem Zeugnis steht Abitur drauf und da ist auch Abi drin – denn das Abi ist auch heute noch anspruchsvoll“. Umso mehr freue es ihn, dass alle Schüler bestanden hätten. „Manches Wissen werdet ihr schnell wieder vergessen haben“, so der Schulleiter, „aber die grundlegenden Fertigkeiten werden euch fürs ganze Leben erhalten bleiben.“ Niemand können sich auf seinem schulischen Wissen ausruhen, vielmehr gelte das Prinzip des „lebenslangen Lernens“.

Professor Trelenberg meinte an seine Schüler gewandt: „Ihr unterliegt jetzt nicht mehr dem Zwang zum Lernen, ab nun beginnt das Recht auf Dummheit“. Aber, so der Schulleiter, er hoffe, dass seine Schüler immer am Ball blieben, denn: „Die Glücksforschung hat herausgefunden: Selbstbestimmtes Lernen soll glücklich machen“. Der Wunsch des Schulleiters: „Wenn man sein Talent und seine Begabung verwirklichen und damit noch Gutes für die Mitmenschen tun kann, dann hat man im besten Sinne Glück.“


Wenn die Ziellinie zur neuen Startlinie wird

Stufensprecherin Pia Spalek war sichtlich gerührt, als sie sich an ihre Mitschüler wandte und sagte: „Wir starteten in der 5. Klasse mit den unterschiedlichsten Charakteren und sind jetzt im Ziel. Heute können wir uns nach 12 Runden eine Familie nennen – die Familie Woeste.“

Bürgermeister Christian Schweitzer überbrachte den Abiturientinnen und Abiturienten und ihren Familien die guten Wünsche der Stadt und des Rates und sprach von „der Ziellinie, die aber schnell wieder zu einer Startlinie für den weiteren Lebensweg“ werde. Der Bürgermeister erinnerte an den Tag des Kriegsbeginns in der Ukraine am 24. Februar und sagte: „Am selben Abend noch haben mich Abiturienten und Abiturientinnen kontaktiert und mich darum gebeten, ein Zeichen für den Frieden setzen zu können“, erinnert er sich. Schon am nächsten Tag habe der Jüberg-Turm dann in blau und gelb, den Farben der Ukraine geleuchtet. „Das war Ihr Verdienst und darauf können Sie stolz sein“, so Schweitzer. Sein Rat: „Weder die Lehrer noch Ihre Eltern können Ihnen sagen, was der richtige Weg ist – den müssen Sie schon selbstfinden. Suchen Sie nach dem, was sie glücklich macht.“

Danach ließ Schülersprecher Nils Simmert in einer launigen Rede die vergangenen Jahre Revue passieren – und erinnerte an so manche lustige Erfahrung, bevor es an die Zeugnisvergabe ging. Dreimal konnten sich Woeste-Abiturienten in diesem Jahr über die Note 1,0 freuen, das beste Abitur machte Ezeddin Rajab.

In beschwingter Stimmung ging es für die Absolventen danach zum Foto, wo sie mit der Sonne um die Wette strahlten: Ein Erlebnis, das niemand so schnell vergessen wird.





Letzte Änderung: 20.06.2022